Stufenweise Erstellung eines Spielbeitrags (Post)
Die Länge von Spielbeiträgen (Posts) kann von einer Zeile bis zu mehreren Seiten variieren. Wie kommen diese
Längen-Unterschiede zustande? Die Antwort dieser Frage ergibt sich aus den Informationen, die Spieler an ihre
Mitspieler weiter geben.
Grundsätzlich sollte ein Beitrag mit ausreichend Material gestaltet werden, worauf der Mitspieler seinerseits
reagieren kann und deswegen mindestens drei Grund-Elemente enthalten: Zustand, Handlung, und Äußerung.
1. Wiederspiegelung der Gemütslage
Das kann die generelle Grundhaltung eines Charakters sein oder seine Reaktion auf einen anderen Charakter.
Grund:
Im Gegensatz zu einem Film kann man im CRS die Mimik der Charaktere nicht sehen. Sie ist aber wichtig,
denn auch im Alltag reagieren wir genau darauf viel stärker, als auf Worte, wenngleich meist nur unbewusst.
Die Mimik verrät uns viel über die Gedanken und Gefühle des Anderen. Wenn diese nicht geschildert werden,
besteht die Gefahr, dass eigene Interpretationen angestellt werden, die letztendlich zu fatalen Missverständnissen
führen können.
2. Beschreibung einer Handlung
Für den Mitspieler ist es wichtig zu erfahren, was die ihm vorgestellte Figur tut und wie sie es tut,
auch wenn sie gar nichts tut.
Grund:
Selbst wenn sich die Spielfigur nicht bewegt, tut sie etwas. Mindestens muss sie sitzen, liegen oder stehen.
Wie ist die Atmung dabei? Schläft sie oder blickt sie irgendwohin? All diese Details geben einem Mitspieler
die Möglichkeit, sich mit seinem Charakter um diese Figur herum zu bewegen. Wenn er sich auf sie zu bewegen will,
hat er Anhaltspunkte, in welcher Weise er das tun kann.
3. Eine (verbale) Äußerung
Das können laut gesprochene Worte sein oder ein Flüstern, auch ein Räuspern ist bereits eine Form einer Äußerung,
manchmal auch ein vielsagender Blick.
Grund:
Äußerungen sind meist das Element, auf das ein Mitspieler am leichtesten eingehen kann, indem er darauf eine Antwort gibt.
Gerade wenn man von dem Charakter seines Mitspielers am Anfang eines Spiels noch nicht viel weiß, ist das der simpelste
und sicherste Weg für eine erste Kontaktaufnahme.
Am ehesten lässt es sich das alles an einem Beispiel verdeutlichen. Als Situation nehme ich eine Person, die einen
Tavernenraum betritt:
Erwin tritt ein.
Alle bereits anwesenden Mitspieler wissen nun, dass ein weiterer Charakter in dem Raum der Spielsituation eingetreten ist.
Erwin tritt beschwingten Schrittes ein.
Das ist schon etwas mehr Information, lässt aber noch viel Freiraum zu Interpretationen und daraus resultierenden
Missverständnissen, denn Erwins beschwingter Schritt kann sowohl schlicht seine gewöhnliche Eigenart sein,
aber ebenso kann er ungewöhnlich gute Laune haben.
Lächelnd tritt Erwin beschwingten Schrittes ein.
Noch immer weiß man nicht, was für ein Lächeln es ist. Es kann ebenso zynisch wie gut gelaunt sein oder verbissen oder erheitert.
Fröhlich lächelnd tritt Erwin beschwingten Schrittes ein.
Jetzt haben die Mitspieler zur Handlung schon mal auch eine unmissverständliche Gemütsbeschreibung.
Allerdings wird dies alleine noch niemanden dazu einladen, sich diesem Spieler zuzuwenden.
Fröhlich in die Runde lächelnd tritt Erwin beschwingten Schrittes ein. "Guten Tag!"
Endlich haben wir in einem Satz alle drei Elemente, die nötig sind, um den Mitspielern eine Reaktion zu entlocken.
Dieser Satz kann bereits als kompletter Post gelten, denn Erwin lächelt in die Runde, womit er seine Gemütsverfassung
beschreibt und Blickkontakt mit den anderen Charakteren aufnimmt; Zudem grüßt er sie, woraufhin mit größter
Wahrscheinlichkeit mindestens der Gruß erwidert wird.
Dieser auf die wichtigsten Elemente reduzierte Telegrammstil wird vor allem von Actionspielern bevorzugt.
Telegramm-Posts enthalten jeweils nur das Notwendigste an Information für den Mitspieler, damit der direkt darauf
reagieren kann. Im Fokus der Spieler befinden sich Handlung und Sprache, so dass sich eine spontane, action-intensive
Szene mit schneller Abfolge entwickeln kann. Auf alles andere, wie Umgebung, Feinheiten in Äußerlichkeiten, Stimmungen usw.
wird bewusst verzichtet, bestenfalls wird manchmal noch eine sichtbare Emotion knapp beschrieben. Dabei sind die spielenden
Parteien darauf angewiesen, dass alles, was nicht ausgeführt wird, entweder zuvor in der Hinführung bereits beschrieben
wurde oder vom Spielpartner selbstständig mitgedacht wird, was meist dann der Fall ist, wenn sich die Spieler gut kennen
oder das Rahmen-Thema aus einem PC-Spiel oder ähnlichem stammt. Abweichende Bilder in der Fantasie der Spieler bezüglich
des Handlungsortes o.ä. werden in Kauf genommen oder müssen während des Spiels ggf. angeglichen werden, wie auch
auftauchende Missverständnisse, zu denen hier der Natur der Sache entsprechend eine erhöhte Gefahr vorliegt.
Nebenbei erwähnt dürfte diese Spielform auch die geeignetste für CS sein.
Welche weiteren Informationen kann man seinen Mitspielern geben?
Die drei Grund-Elemente sind eigentlich das absolute Minimum für einen Post. Sie sind, wie man an Erwins Beispiel
sehen kann, für ein lebendig-eindrucksvolles Spiel noch nicht wirklich aufschlussreich genug. Man kann seinen Mitspielern
noch viel mehr Informationen liefern:
4. Optische Beschreibung der eigenen Spielfigur
Meistens hat jeder ein Bild der gespielten Person in seinem Gästebuch. Doch entspricht es dem aktuellen
Aussehen der Spielfigur? Sind die auf dem Bild ordentlich gekämmten Haare womöglich wild verwuschelt oder ist sie anders
gekleidet? Auch Accessoires und Waffen können wichtige Hinweise für Mitspieler sein. Ein müdes oder frisches Gesicht
kann ebenso beschrieben werden wie perlenweiße oder tabakgelbe Zähne. Mit jedem weiteren geschriebenen Detail wird
das Bild in den Köpfen der Mitspieler deutlicher gezeichnet.
Fröhlich in die Runde lächelnd tritt Erwin beschwingten Schrittes ein. "Guten Tag!"
Aus dem dunklen, glatt zurück gebürsteten Haar fallen ihm vorwitzige Strähnen in die Stirn. Das tiefe Blau des
schlichten Leinenhemdes unterstreicht seine hellblauen Augen, die Beine sind mit einer graubraunen Leinenhose und
dunkelbraunen Stiefeln bekleidet. Ein schlichter Dolch ragt aus dem Futteral an seinem Gürtel.
Hier können sich die Mitspieler schon ein brauchbares Bild von Erwin machen.
Vorsicht: Allzu ausschweifende Beschreibungen (z.B. über die außergewöhnliche Schönheit der eigenen Spielfigur)
ermüden die Mitspieler nur und bewirken genau das Gegenteil von dem, was man eigentlich erreichen will. Statt
das Interesse der anderen zu wecken, winken diese nur gelangweilt ab, weil hier jeder Charakter sowieso besonders
schön oder besonders toll ist und man solche Beschreibungen schon unzählige Male gelesen hat.
5. Optische Beschreibungen der Umgebung
Jede Taverne, sogar wenn sie von einem Spielleiter vorgegeben ist, lässt trotzdem noch immer genug Raum für eigene Gestaltung.
Tische am offenen oder geschlossenen Fenster; mitten im Raum oder nahe der Tür; mit Tischdecke oder blankes Holz.
Stühle können gepolstert sein. Wenn es harte hölzerne sind, kann man diese mit einem Kissen belegen. Fällt der Blick
vielleicht sogar auf einen Kamin, womöglich noch mit weichen Sesseln davor? Es gibt Holzbänke und Barhocker, Schemel
und kleine Teppiche. Fakire können gerne auf kratzigen Fußabstreifern Platz nehmen. Oder wie sehen die Mitspieler
aus der Perspektive der eigenen Spielfigur aus? Wirkt die vornehm gekleidete Dame am Kamin arrogant oder reizvoll?
Flößt der bärbeißige Hüne am Tresen Furcht ein oder ist der genau die Art von Kumpel, mit der Erwin gerne ein Bier
trinken würde?
Fröhlich in die Runde lächelnd tritt Erwin beschwingten Schrittes ein.
"Guten Tag!"
Aus dem dunklen, glatt zurück gebürsteten Haar fallen ihm vorwitzige Strähnen in die Stirn. Das tiefe Blau des
schlichten Leinenhemdes unterstreichtseine hellblauen Augen, die Beine sind mit einer graubraunen Leinenhose und
dunkelbraunen Stiefeln bekleidet. Ein schlichter Dolch ragt aus dem Futteral an seinem Gürtel.
Schnurstracks peilt er den glatt polierten Tresen an, stellt einen Fuß auf die eiserne Strebe
eines der hölzernen Barhocker und beneidet den nebensitzenden Kerl, der bereits ein kühles Blondes
vor sich stehen hat. Die Blondine im Sessel am Kamin wird verstohlen aus den Augenwinkeln gemustert
um nicht aufdringlich zu wirken. Ehe er Abenteuer in dieser Richtung anstrebt will er herausfinden,
ob sie dem Klischee entspricht oder für eine positive Überraschung gut ist.
Erwins Spieler beschreibt nicht nur die Möbelstücke im Raum, wie er sie sich vorstellt, sondern auch die Haltung
seiner Spielfigur zu beiden im Raum bereits befindlichen Personen als neutral. Zugleich bestätigt der Spieler auch,
dass er die Positionen der anderen beiden Charaktere wahrgenommen hat.
6. Akustische Beschreibungen der Umgebung
In jeder Umgebung gibt es auch Geräusche. Was hört Erwin? Oder welche Geräusche verursacht er selbst?
Fröhlich in die Runde lächelnd tritt Erwin beschwingten Schrittes ein.
"Guten Tag!"
krächzt er mit durstiger Stimme.
Aus dem dunklen, glatt zurück gebürsteten Haar fallen ihm vorwitzige Strähnen in die Stirn. Das tiefe Blau des
schlichten Leinenhemdes unterstreicht seine hellblauen Augen, die Beine sind mit einer graubraunen Leinenhose
und dunkelbraunen Stiefeln bekleidet. Ein schlichter Dolch ragt aus dem Futteral an seinem Gürtel.
Die harten Sohlen schlagen bei jedem Schritt laut auf den Holzboden.
Schnurstracks peilt er den glatt polierten Tresen an,
stellt einen Fuß auf die eiserne Strebe eines der hölzernen Barhocker und beneidet den nebensitzenden Kerl,
der bereits ein kühles Blondes vor sich stehen hat. Die Blondine im Sessel am knisternden Kamin wird
verstohlen aus den Augenwinkeln gemustert, um nicht aufdringlich zu wirken. Ehe er Abenteuer in dieser
Richtung anstrebt will er herausfinden, ob sie dem Klischee entspricht oder für eine positive Überraschung gut ist.
7. Beschreibungen von Gerüchen
Es gibt immer und überall irgendwelche Gerüche, die angenehm oder lästig sind.
Fröhlich in die Runde lächelnd tritt Erwin beschwingten Schrittes ein.
"Guten Tag!"
krächzt er mit durstiger Stimme.
Aus dem dunklen, glatt zurück gebürsteten Haar fallen ihm vorwitzige Strähnen in die Stirn. Das tiefe Blau des
schlichten Leinenhemdes unterstreicht seine hellblauen Augen, die Beine sind mit einer graubraunen Leinenhose und
dunkelbraunen Stiefeln bekleidet. Ein schlichter Dolch ragt aus dem Futteral an seinem Gürtel. Die harten Sohlen
schlagen bei jedem Schritt laut auf den Holzboden. Schnurstracks peilt er den glatt polierten Tresen an, stellt
einen Fuß auf die eiserne Strebe eines der hölzernen Barhocker und beneidet den nebensitzenden Kerl, der bereits
ein kühles Blondes vor sich stehen hat. Die Blondine im Sessel am knisternden Kamin wird verstohlen aus den
Augenwinkeln gemustert, um nicht aufdringlich zu wirken. Ehe er Abenteuer in dieser Richtung anstrebt will er
herausfinden, ob sie dem Klischee entspricht oder für eine positive Überraschung gut ist.
Neben dem Geruch des
verbrannten Holzes nimmt er leise die angenehme Note eines feinen Parfüms wahr, was ihn daran erinnert,
dass er selbst dringend einmal wieder ein Bad nötig hat.
8. Beschreibungen von Geschmack
Irgend einen Geschmack tragen wir doch immer auf der Zunge. Unsere Charaktere also auch.
Fröhlich in die Runde lächelnd tritt Erwin beschwingten Schrittes ein.
"Guten Tag!"
krächzt er mit durstiger Stimme,
die sich nach einer herbsüßen Erfrischung sehnt.
Aus dem dunklen, glatt zurück gebürsteten Haar fallen ihm
vorwitzige Strähnen in die Stirn. Das tiefe Blau des schlichten Leinenhemdes unterstreicht seine hellblauen Augen,
die Beine sind mit einer graubraunen Leinenhose und dunkelbraunen Stiefeln bekleidet. Ein schlichter Dolch ragt aus
dem Futteral an seinem Gürtel. Die harten Sohlen schlagen bei jedem Schritt laut auf den Holzboden. Schnurstracks
peilt er den glatt polierten Tresen an, stellt einen Fuß auf die eiserne Strebe eines der hölzernen Barhocker und
beneidet den nebensitzenden Kerl, der bereits ein kühles Blondes vor sich stehen hat. Die Blondine im Sessel am
knisternden Kamin wird verstohlen aus den Augenwinkeln gemustert, um nicht aufdringlich zu wirken. Ehe er Abenteuer
in dieser Richtung anstrebt will er herausfinden, ob sie dem Klischee entspricht oder für eine positive Überraschung gut ist.
Neben dem Geruch des verbrannten Holzes nimmt er leise die angenehme Note eines feinen Parfüms wahr, was ihn daran erinnert,
dass er selbst dringend einmal wieder ein Bad nötig hat.
In acht Schritten ist aus drei Wörtern nun ein ganz passabler Post geworden; einfach indem man sich bemüht,
den Mitspielern so viele Informationen wie möglich rüber zu geben, die alle Sinne einbeziehen. Er entspricht bereits dem,
was man als Mehrzeilenspieler bezeichnet. Diese Spieler bevorzugen flüssige Abläufe in einem lebhaften Geschehen,
mit ausreichenden Vorlagen für den Mitspieler, ohne dass die Posts so lange werden, dass man länger als 10 bis 15
Minuten darauf warten müsste.
Bisher wurden die einzelnen Informationen nur mäßig ausführlich beschrieben. Das alles lässt sich aber noch viel
detaillierter gestalten. Da beginnt dann die Liga der Atmosphären- bzw. Ambientespieler. Atmosphärenspieler sind bestrebt,
gezielt ganz bestimmte Stimmungen der zwischenmenschlichen Beziehungen zu gestalten, Ambientespieler konzentrieren
ihre gestaltenden Beschreibungen mehr auf die Umgebung in der sich die Charaktere bewegen.
Wer dem ganzen noch Metaphern und Allegorien zufügt, begibt sich auf das Terrain der Romanspieler. Solche Spieler bemühen
sich nicht nur um detailgetreue Beschreibungen und situationsgerechte Atmosphären, sondern sie versuchen Bilder,
die ihrem eigenen inneren Auge vorschweben detailgetreu in die Köpfe ihrer Mitspieler hinein zu zaubern.
(Meiner persönlichen Meinung nach ist dies die Königsdisziplin des Rollenspiels.)
Vorsicht: Nicht die Menge des Geschriebenen ist ausschlaggebend, sondern der Informationswert der Inhalte.
Wer mit fünf Sätzen ein und dasselbe nur fünfmal etwas anders beschreibt oder diese Sätze sich auf ein und dieselbe
Handlung beziehen, ohne dass jeweils eine neue Information hinzu kommt, strapaziert nur die Geduld seiner Mitspieler.
"Alles eine Frage des Geschmacks!"
- sagte der Aff' und fraß die Seife
Es ist ungerecht, wenn Spieler die Post-Längen anderer Spieler kritisieren. Die Geschmäcker sind einfach
unterschiedlich und jede Variante hat ihre Daseinsberechtigung. Die empfundene Qualität eines Spiels ist
letztendlich davon abhängig, wie gut es den Spielern gelingt aufeinander einzugehen und ob der Stil die
Erwartungen aller Teilnehmer erfüllt.
Jemand der knackig-schnelle Actionspiele haben will, wird schon mit einem Mehrzeilenspieler nicht glücklich
werden und an einem Romanspieler gar verzweifeln. Andersrum kann ein ausgeprägt feinsinniger Romanspieler bereits
bei einem Mehrzeilenspieler das Gefühl haben, ihm fehle etwas und bei einem Telegrammspieler emotional völlig verhungern.
Die meisten Spieler allerdings stellen sich flexibel auf das Thema und ihre Mitspieler ein, sind also in der
Lage zwischen zwei bis drei Stufen zu spielen. Nehmen mehr als zwei Spieler an einer Session teil, empfiehlt
es sich ohnehin, die Zeilenanzahl auf maximal 10 Zeilen zu begrenzen, damit das Spiel flüssig bleibt und die
anderen Teilnehmer nicht zu lange warten müssen, bis sie wieder ihren eigenen Beitrag dazu steuern können.
Neben der Klassifizierung nach den Längen der Posts, kann man Spieler auch nach anderen Kategorien einordnen.
Da gibt es dann z.B. Actionspieler, Romantikspieler, Saloppspieler, Herzblutspieler, Gesellschaftsspieler,
Einzelspieler, Beziehungsspieler, Erotikspieler, usw.
Stand: 20.04.15